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Vorlage - Rat/024/2022  

Betreff: Gründung des Regionalen Versorgungszentrums Leinebergland (RVZ)
Status:öffentlich  
Verfasser:Der Bürgermeister
Federführend:Fachbereich Hauptamt und Soziales Bearbeiter/-in: Wunnenberg, Manuela
Beratungsfolge:
Verwaltungsausschuss Vorberatung
Rat der Gemeinde Lamspringe Entscheidung
23.03.2022 
Sitzung des Rates der Gemeinde Lamspringe ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt: 

 

Stand des Projektes

Um drohenden Versorgungsengpässen im Bereich der Hausarztversorgung entgegen zu wirken, hat der Verein Region Leinebergland e.V. gemeinsam mit Bürgermeistern, Haus­ärzten und der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) eine Regionalstrategie erarbeitet, die auch erste Überlegungen zur Einrichtung eines Medizinischen Versorgungs­zen­trums (MVZ) in kommunaler Trägerschaft beinhaltet

Das Niedersächsische Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung (MB) ist auf den Regionsverein zugekommen mit dem Angebot, als eine von drei Regionen in Niedersachsen an einem Modellprojekt zum Aufbau eines Regionalen Versorgungszentrums (RVZ) teilzunehmen. Ein RVZ ist hierbei ein kombiniertes Angebot aus ei­nem MVZ sowie weiteren Angeboten der Daseinsvorsorge wie Tagespflege, Ergo-/Physiotherapie, Apotheke usw. Ziel ist dabei, besonders mit dem MVZ eine Trägerstruktur für Angestelltenverhältnisse zu schaffen, um nach einer Konsolidierung über die Schaffung von Satellitenpraxen die Hausarztversorgung auch in der Fläche sicherzustellen.

Zum 1.12.2020 hat die Stadt Alfeld (Leine) stellvertretend für alle Regionskommunen einen Förderbescheid des MB zum Aufbau eines RVZ Leinebergland erhalten. Der Verein Region Leinebergland e.V. ist von allen Mitgliedskommunen, außer der Samtgemeinde Leine­bergland, mit der Umsetzung beauftragt. Er treibt als Kooperationspartner des Antragstellers die Projektentwicklung voran. In den bisherigen Voruntersuchungen wurden vertiefend bau­genehmigungsrechtliche, technische und wirtschaftliche Fragen geklärt.

Nach einem erfolgreichen Vergabeverfahren konnte im Oktober 2021 die Firma Dostal und Partner im Rahmen des Förderbescheids beauftragt werden. Dostal organisiert die Gründung der Rechtsform, die Beteiligung des bestehen­den, unterstützenden Ärztenetzwerks und die Akquise der für das MVZ benötigten Arztsitze, übernimmt die Fachplanung und geschäftsführende Tätigkeiten vor dem Betrieb.

 

Neuer Standort

Der zunächst bevorzugte Standort „Alte Post“ (Bahnhofstraße in Alfeld) hat sich nach dem Abschluss der Voruntersuchungen als nicht geeignet herausgestellt. Entsprechend der Be­schlusslage ist daraufhin die Verlagerung des RVZ an einem alternativen Standort im Bereich der Kernstadt von Alfeld entwickelt worden.

Mit der Stadt Alfeld (Leine) als Grundstückseigentümerin, der Kreiswohnbaugesellschaft Hildesheim (KWG) als Investorin und Bauherrin sowie dem Regionsverein als Projektentwick­ler konnte ein geeignetes Grundstück südlich des Friedhofs am Walter-Gropius-Ring gefunden werden. Es liegt in der Kernstadt von Alfeld und ist über den Stadtbus sehr gut mit dem ÖPNV erreichbar.

Zurzeit wird intensiv an der Entwurfsplanung gearbeitet mit dem Ziel, Anfang des Jahres 2022 den Bauantrag einreichen zu können. Damit einhergehend bereitet die KWG einen Mietvertrag mit der RVZ-Gesellschaft vor, der für die Beteiligten tragbar sein wird. Der Rat der Stadt Alfeld (Leine) hat am 16.12.2021 dem Grundstücksverkauf zugestimmt. Der mit der KWG abzuschließende Vertrag wird die Auflage enthalten, dass der Verkauf an die Realisierung des RVZ gekoppelt ist.

 

Änderungsbescheid

Mit Änderungsbescheid vom 28.12.2021 wurde die bisherige Fördersumme (Zuwendungsbescheid vom 10.12.2020) um knapp 82 T€ erhöht und beträgt nun 1,338 Mio. Euro. Der Eigenanteil ist finanziert und sichergestellt. Die Fördermittel müssen komplett im Jahr 2022 ausgegeben werden, um nicht zu verfallen. Dies führt zu zwei wesentlichen Änderungen:

  • Das MVZ muss im Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachen (KVN) vom 18. Mai 2022 beantragt werden. Hierfür ist die notarielle Gründung der RVZ- und MVZ-Gesellschaften bis spätestens 18.2.2022 Voraussetzung.
  • RVZ und MVZ müssen im Jahr 2022 den Betrieb aufnehmen. Der Neubau der KWG am neuen Standort wird jedoch erst Ende 2023 bezugsfertig. RVZ und MVZ nehmen daher bereits im 4. Quartal 2022 ihren Betrieb in einem Containerbau als Zwischenlösung auf (Anlage 1).

 

Gesellschaftsverträge (Anlagen 2a und 2b)

  1. Ursprünglich war geplant, MVZ und RVZ in je einer Körperschaft öffentlichen Rechtes (kAöR) zu führen. Dies wurde seitens Dostal & Partner überprüft, so dass nun empfohlen wird, das RVZ als Kommunalunternehmen in der Rechtsform einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) zu gründen. Nach Steuerrecht bedeutet dies, dass die Gewinne ausschließlich für gemeinnützige Zwecke verwendet werden dürfen.  Auch das MVZ wird in der Rechtsform einer gGmbH gegründet, damit eventuelle Gewinne für den Betrieb des RVZ verwendet werden könnten.

r die Änderung der Gesellschaftsformen sprechen neue Rahmenbedingungen in Bezug auf die zu erbringende Sicherheitsleistung gegenüber der KVN (hierfür ist nun keine kommunale Bürgschaft mehr erforderlich) sowie die hohe Flexibilität der gGmbH, die auch nach der Gründung den Beitritt einzelner Kommunen in die Gesellschafterversammlung ermöglicht. Damit ist gewährleistet, dass Beschlüsse der Mitgliedskommunen auch nach dem Gründungstermin am 18.2.22 gefasst werden können. Dem späteren Eintritt von Ärzten in das MVZ steht ebenfalls nichts entgegen, wenn die Rechtsform der gGmbH gewählt wird. Damit überwiegen bei der gGmbH vor allem in Bezug auf die Flexibilität die Vorteile gegenüber der ursprünglich angedachten kAöR.

 

  1. Alleinige Gesellschafter der RVZ-gGmbH sind die Mitgliedskommunen der Region Leinebergland. Die RVZ-gGmbH ist alleinige Gesellschafterin der MVZ-gGmbH (Mutter-Tochter-Gesellschaften). In der Gesellschafterversammlung des RVZ hat jedes Mitglied unabhängig von der Höhe der Gesellschafteranteile eine Stimme, um die regionale Zusammenarbeit zu manifestieren. Die Gesellschafterversammlung der MVZ-gGmbH entspricht in ihrer Zusammensetzung und bezüglich der Stimmberechtigung der Gesellschafterversammlung der Alleingesellschafterin RVZ-gGmbH.

 

  1. Die Rechtsform einer gGmbH sieht ein Stammkapital von 25.000 € vor. Die jeweilige Höhe der kommunalen Einlage wird anteilig nach dem Einwohnerstand berechnet, die Übernahme des Risikos bei etwaigem Defizitausgleich ebenfalls. Damit wird die unterschiedliche Größe der Leineberglandkommunen berücksichtigt. Die kommunale Einlage des Stammkapitals ist nach notarieller Gründung der beiden gGmbHs von den Gesellschaftern einzuzahlen. Die Stadt Alfeld (Leine) übernimmt stellvertretend für alle kommunalen Gesellschafter die Zahlung aus den vorhandenen Eigenmitteln der Projektfinanzierung, vorbehaltlich der Zustimmung des Rechnungsprüfungsamts. Die Höhe der kommunalen Gesellschaftsanteile wird nach Einwohnerzahl berechnet und im Gesellschaftsvertrag ausführlich, in Anlage 3 komprimiert, dargestellt. Diese hängt von der Anzahl der Gesellschafter ab.

 

  1. RVZ- und MVZ-Gesellschaften werden von je zwei Geschäftsführern geführt: während die MVZ-gGmbH eine kaufmännische und eine ärztliche Leitung hat, besteht die Leitung der RVZ-gGmbH aus einer kaufmännischen und einer strategischen Geschäftsführung. Die kaufmännischen Geschäftsführungen können personenidentisch besetzt werden, die strategische Geschäftsführung wird vom Verein Region Leinebergland e.V. übernommen, um weiterhin Schnittstelle zwischen Ärzten und Kommunen zu sein und das Projekt im Sinne der Mitgliedskommunen gebündelt zu steuern. Mit notarieller Gründung wird die kaufmännische Geschäftsführung beider Gesellschaften kommissarisch von Dostal&Partner übernommen.   

 

  1. Ein Beirat soll als Organ der MVZ-gGmbH die Vernetzung, den Austausch und die Entwicklung der ärztlichen Versorgung in der Region Leinebergland garantieren und wie folgt besetzt werden:
    • Ein Sitz für Johanniter-Krankenhaus Gronau
    • Ein Sitz für AMEOS Klinikum Alfeld
    • Drei Sitze für in der Region niedergelassene Hausärzte
    • Ein Sitz für den Region Leinebergland e.V.

 

Finanzprognose (Anlage 4)

Die RVZ-gGmbH ist Alleingesellschafterin der MVZ-gGmbH, wie oben dargestellt. Gewinne und Verluste des MVZ werden also vom RVZ getragen, für die entsprechend und anteilig die kommunalen Gesellschafter der RVZ-gGmbH einzutreten haben. Das RVZ soll planmäßig den Betrieb der angemieteten Immobilie kostenneutral betreiben, einschließlich der (anteiligen) Kosten für die kaufmännische Geschäftsführung. Gewinn und Verlust hängen also hauptsächlich von der Entwicklung der Tochtergesellschaft MVZ-gGmbH ab.

Grundsätzlich wird von der Übernahme von bestehenden Hausarztpraxen ausgegangen, Mittel für den Kauf der Praxen sind durch den Förderbescheid zugesagt. So ist die Finanzprognose für das MVZ vielversprechend:

Der Start des MVZ mit zwei Abgeberärzten (Übernahme der bestehenden Praxen) ist dank eines Personalkostenzuschusses des Landkreises Hildesheim in den ersten drei Betriebsjahren und eines Mietkostenzuschusses seitens des MB bereits im ersten Jahr leicht positiv. Auch in 2023 und in den folgenden Jahren würde das MVZ schwarze Zahlen schreiben. Damit wird eine Gewinnausschüttung an die Muttergesellschaft RVZ gegeben sein.

Die Verhandlungen mit den potentiellen Interessenten aus der Ärzteschaft sind auf einem guten Weg. Sollte wider Erwarten ein Neuaufbau ohne Übernahme einer Praxis eintreten, wäre in den ersten beiden Betriebsjahren voraussichtlich mit Defiziten zu rechnen. Es würde dann der Gesellschafterversammlung obliegen, zu entscheiden, ob dieser Weg eingeschlagen werden soll.

 

Zeitplanung und Arbeitsschritte

  1. Das MVZ benötigt eine Zulassung durch den Zulassungsausschuss der KVN, der am 18.5.2022 tagt. Die Inbetriebnahme von RVZ und MVZ kann damit frühestens zum 1.7.2022 erfolgen. Für die Zulassung müssen zwei hausärztliche Vertragsärzte gewonnen werden, die Gespräche hierfür laufen.

 

  1. Die Räume für das RVZ werden von der KWG Hildesheim am Standort Walter-Gropius-Ring in Alfeld errichtet. Die Inbetriebnahme des Gebäudes kann frühestens Ende 2023 erfolgen. Die Bauplanung mit den Zuschnitten für das RVZ läuft zurzeit mit folgenden Bestandteilen: 
  • MVZ für vier Arztsitze,
  • eine Apotheke (Absichtserklärung wird vorbereitet, zwei Interessenten vorhanden)
  • eine psychotherapeutische Praxis, alternativ Logo- bzw. Ergotherapie (Gespräche laufen)
  • die Räume der Friedhofsverwaltung mit Beratungsangebot für die Bürger*innen
  • mindestens ein weiterer Raum für Beratungsangebote im Bereich der Daseinsvorsorge (Interessenten vorhanden, Gespräche laufen).

 

  1. Der Zeitplan für die Gründung und Inbetriebnahme von RVZ und MVZ ist wie folgt:
  • 18.2.2022 Notarielle Gründung RVZ/MVZ (mindestens ein Gesellschafter)
  • 18.2.2022 Einreichung der Unterlagen beim Zulassungsausschuss der KVN
  • 18.5.2022 Zulassung MVZ durch KVN zum 1.7.2022
  • 1.11.2022 Inbetriebnahme RVZ/MVZ in Zwischenlösung
  • 2023 Anstellung dritter Arzt
  • 1.1.2024 abgeschlossener Umzug in das fertiggestellte Gebäude

 

 


 

Beschlussvorschlag:

 

  1. Der Gemeinderat stimmt der Änderung der Rechtsform zu einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) sowohl für das RVZ als auch für das MVZ zu.
  2. Der Gemeinderat stimmt der Erbringung des anteiligen Stammkapitals für beide Gesellschaften zu.
  3. Der Gemeinderat ermächtigt den Bürgermeister auf Basis der im Entwurf beigefügten Gesellschaftsverträge der RVZ- und MVZ-gGmbH zur Gründung der Gesellschaften bzw. zum Beitritt der Gemeinde Lamspringe zu den Gesellschaften nach erfolgter Gründung.

 


Anlagen:
 

Anlage 1: Übersichtsplan RVZ-Gebäude und Containerlösung

Anlagen 2a und 2b: Gesellschaftsverträge RVZ- und MVZ-gGmbH

Anlage 3: Darstellung der Gesellschaftsanteile

Anlage 4: Finanzprognose MVZ und RVZ